Rücksendungen – Kundenservice oder Dämpfer für den Umsatz?

In fast allen Geschäftsbereichen ist das Internet unverzichtbar und es lassen sich verschiedenste Online-Shops finden: für Kleidung, Schuhe, Elektrogeräte, Haushaltswaren, Möbel und vieles mehr. Der Online-Handel boomt in Deutschland und weltweit. Nach Angaben von Statista kaufen 47 Millionen Deutsche im Internet ein, was einen Umsatz von fast 60 Milliarden Euro generiert. Fast jeder Händler ermöglicht einen Kauf über seinen Online-Shop und in einigen Fällen werden die Produkte nur darüber verkauft.

Shopping vom Sofa

Die Vorteile liegen auf der Hand: Als Kunde können Sie im gesamten Sortiment stöbern und sind nicht auf das Angebot beschränkt, das durch die Größe des Lagers oder der Ausstellungsfläche im Laden bestimmt wird, und Sie sind an keine Öffnungszeiten gebunden. Statt sich nach einem Arbeitstag noch durch ein Ladengeschäft zu kämpfen oder die Einkäufe auf einen freien Tag zu verschieben (was viele andere auch machen und weshalb die Schlangen wesentlich länger sind), können Sie bequem nach Feierabend auf dem Sofa sitzen und mit einem Klick das Gewünschte bestellen.

Probe gefällig?

Als Nachteil beim Online-Shopping gilt häufig, dass Sie keine Beratung in Anspruch nehmen können, wie es im Laden mit den Verkaufsmitarbeitern möglich wäre. Ebenso haben Sie das Produkt nicht in der Hand, können also Funktion und Qualität nicht überprüfen und bei Kleidung ist kein Anprobieren möglich. In der Textilbranche gibt es keinen verpflichtenden Standard, welche Größe angegeben wird, und daher haben Sie bei einem Hersteller eine 38, bei einem anderen eine 40 und könnten damit sowohl S (36/38) als auch M (40/42) anprobieren. Im Laden würden Sie einfach zwei verschieden Größen in die Umkleide nehmen, beide anprobieren und sich für das entscheiden, welches besser sitzt. Im Online-Shop nicht möglich? Jein.

Gesetzeslage

Bei Online-Einkäufen hat die EU ein Rückgaberecht von 14 Tagen bestimmt, eben weil Sie die Ware vorher nicht begutachten konnten. Darüber hinaus bieten Ladengeschäfte und E-Commerce aus Kulanz diese Möglichkeit an. Doch wer zahlt die Rücksendungsgebühren? Ist das gelieferte Produkt defekt oder nicht vertragsgemäß, übernimmt das Unternehmen die Kosten und ersetzt das Produkt oder erstatten den Kaufpreis. Wenn allerdings das Produkt von nahem betrachtet nicht gefiel oder schlicht nicht passte, greift meist das Kleingedruckte der AGB. Bei bis zu 40 Euro Warenwert müssen die Kunden dies übernehmen, bei über 40 Euro das Unternehmen. Einige Unternehmen wie Boohoo übernehmen die Kosten schon bei einem geringeren Einkaufswert oder bieten den Kunden ein Rückgaberecht.

Rücksendung als Verkaufspsychologie?

Für die Unternehmen handelt es sich bei den Rücksendungen um ein zweischneidiges Schwert. Verkaufsstrategien gibt es viele und immer wieder lernen auch Kunden, welche psychologischen Tricks für eine Umsatzsteigerung angewendet werden. Denken Sie beispielsweise an Supermärkte, in den duftendes Brot (versprühte Aromastoffe) und taufrisches Gemüse (richtiges Licht) Sie gleich zu Anfang ausbremsen sollen und die günstigeren Produkte weiter unten im Regal stehen, weshalb sie inzwischen auch als „Bückware“ bezeichnet werden. Ähnlich ist es bei Rücksendungen. Dadurch, dass viele Online-Händler eine Rücksendung kostenfrei anbieten, werden Sie als Kunde dazu verleitet, auch zu bestellen. So klicken Sie häufig noch das eine oder andere Produkt mit in den Warenkorb, was Sie vielleicht ja nur mal angucken wollen, eigentlich eher ein Witz, aber dann behalten Sie es im Endeffekt doch. Auch im Vergleich mit anderen Konkurrenten wird natürlich versucht, Sie zum Einkaufen bei diesem Shop und nicht bei einem anderen zu bewegen. Dafür werden Neukunden mit Rabattcodes angesprochen und Kulanz oder Kundenfreundlichkeit wird zumindest auf der Webseite großgeschrieben.

Annahme der Kunden

Wenn die Möglichkeit geboten wird, ist es natürlich nicht verwunderlich, dass sie auch genutzt wird. Und so werden im Schnitt 50 Prozent der Bestellungen wieder zurückgeschickt. Dabei gibt es in den verschiedenen Branchen Unterschiede: Möbel werden seltener retourniert, bei Kleidung und Schuhen kann es auch schon mal über die Hälfte sein. Retouren haben sich selbst zu einem Wirtschaftszweig entwickelt, so übernimmt beispielsweise Hermes nicht nur die Überprüfung der Retouren seines Mutterkonzerns Otto, sondern auch für andere Unternehmen. Diese Prozesse dauern seine Zeit und die Ware verliert dabei ihren Neuwert. Darüber hinaus ist eine Überprüfung teilweise nötig, denn nicht selten wird zu tricksen versucht. So wird das Kleidungsstück als ungetragen mit der Begründung, dass es nicht gefalle oder passe, zurückgeschickt, wurde aber in Wirklichkeit für einen bestimmten Anlass sehr wohl getragen.

Zweischneidiges Schwert?

Selbst für große Konzerne wie Amazon und Zalando sind dies keine Kleinigkeiten. Wenn Kunden dieser Unternehmen auffällig häufig Ware zurücksenden, womöglich sogar häufiger kleine Tricks versuchen, geht dies natürlich zulasten des Umsatzes. Daher wurde bei Zalando versucht, die auffälligen Kunden mit einer E-Mail umzuerziehen, während Amazon Kundenkonten gleich ganz sperrte. Den Unternehmen muss also der Balanceakt gelingen, für Kunden durch gute Retourbedingungen attraktiv zu sein, aber gleichzeitig durch Retouren nicht zu große Verluste zu machen.